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41. LAG Düsseldorf 8 Sa 420/22 (ArbG Düsseldorf 15 Ca 168/22)
Entscheidungsdatum 10.01.2023
Zulassung Revision
Stichworte: Tarifliche Senioritätsregel - Ausbildung zum Flugkapitän - Beförderungsanspruch
Gesetze, Tarifnormen
o.ä.:
§ 1 TVG, Art. 3 Abs. 1 GG
Veröffentlichungsdatum: 1. Juni 2023
Leitsatz: 1. Die Tarifvertragsparteien dürfen die Senioritätsregeln für den beruflichen Aufstieg vom First Officer zum Kapitän durch nachfolgenden Tarifvertrag ändern. Sie haben dabei den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten und dürfen nicht gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen.

2. Diese Anforderungen sind hier erfüllt. Die Tarifvertragsparteien durften eine Umstellung auf ein System, das tatsächliche Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit mischt (Gruppe 2), vornehmen und dabei zugleich sog. "Altbeschäftigten" (Gruppe 1) Bestandsschutz in ihrer bisher allein arbeitgeberbezogen erworbenen Seniorität zubilligen.

3. Ist nach den tariflichen Prämissen davon auszugehen, dass die Beschäftigungsdauer bei der Arbeitgeberin kein angemessenes Ordnungsmerkmal für den betrieblichen Aufstieg darstellt, ist es tendenziell nicht nachvollziehbar, zu diesem System nach einem bestimmten Zeitraum tariflich für die Zukunft (ab dem 01.01.2019 - Gruppe 3) wieder zurückzukehren. Dies führte hier nicht zum Erfolg der Klage. Ggfs. kann sich ein ab dem 01.01.2019 eingestellter Beschäftigter darauf berufen, dass er aufgrund seiner tatsächlichen, aber nicht auf die Beklagte bezogenen höheren Berufserfahrung gemäß den Kriterien der Gruppe 2 eine bessere Seniorität hat und die Anwendung dieser Senioritätsregeln für Gruppe 2 verlangen. Dies hilft dem vor dem 01.01.2019 eingestellten Kläger aus Gruppe 2 nicht, denn entweder verbleiben diese Beschäftigten in der Seniorität hinter ihm oder aber sie ziehen an ihm vorbei. Einen besseren Platz als bisher kann der Kläger so nicht erreichen.

4. Zu den prozessualen Voraussetzungen der Geltendmachung entgangenen - künftigen - Verdiensts in Form eines Schadensersatzanspruchs.
Dokument: PDF Symbol LAG Düsseldorf 8 Sa 420/22  (478 KB)
42. LAG Düsseldorf 3 Sa 468/22 (ArbG Mönchengladbach 4 Ca 952/22)
Entscheidungsdatum 03.01.2023
Stichworte: Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall; Erschütterung des Beweiswertes von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen; Umfang der Berufung bei uneingeschränkter Antrgstellung, aber nur eingeschränkt erfolgender Begründung
Gesetze, Tarifnormen
o.ä.:
§§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 2, 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG; §§ 286, 516, 520 Abs. 3 ZPO
Veröffentlichungsdatum: 24. Mai 2023
Leitsatz: 1. Der hohe Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 08.09.2021 (5 AZR 149/21) nicht allein bereits dadurch erschüttert, dass teilweise zeitgleich mit der klagenden Arbeitnehmerin noch zwei weitere Beschäftigte "krankgeschrieben" werden und in einem Zeitraum von vier Monaten insgesamt fünf Beschäftigte - sich teilweise zeitlich überschneidende - krankheitsbedingte Ausfallzeiten aufweisen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass angesichts einer Gesamtbeschäftigtenzahl von nur neun Arbeitnehmern damit bis zu 1/3 der Belegschaft zeitgleich krankheitsbedingt ausfällt.

2. Eine Erschütterung des Beweiswertes einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt in Betracht, wenn hinreichende Indizien für ein kollusives Zusammenwirken mehrerer Arbeitnehmer zur zeitgleichen "Krankschreibung" mit dem Ziel der Schädigung des Arbeitgebers vorliegen. Das bloße zeitliche Zusammentreffen mehrerer Krankheitsausfälle als solches begründet jedoch kein solches Indiz, sondern ist für sich genommen neutral. Hinzutreten müssen weitere Umstände, wie beispielsweise bestimmte Äußerungen oder Verhaltensweisen der betreffenden Arbeitnehmer, die auf ein kollusives Zusammenwirken schließen lassen.

3. Wird eine Berufung nicht ausdrücklich auf einen bestimmten Streitteil beschränkt, zudem ein unbeschränkter Berufungsantrag angekündigt, die Berufung aber nur für einen Teil der Streitgegenstände des erstinstanzlichen Urteils begründet, ist im Zweifel von einer umfassenden Berufung auszugehen, die mangels umfassender Berufungsbegründung allerdings teilweise unzulässig ist.

4. § 516 Abs. 3 Satz 2 ZPO findet bei teilweiser Berufungsrücknahme keine Anwendung. Die Kostenfolge ist vielmehr im Urteil, mit dem der aufrechterhaltene Streitteil entschieden wird, als Teil der dortigen, das gesamte Berufungsverfahren umfassenden Kostenentscheidung auszusprechen.
Dokument: PDF Symbol LAG Düsseldorf 3 Sa 468/22  (263 KB)

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